Pressemitteilung

von Dr. André Griemert

Die Einsicht, dass menschliche Kultur und zivilisatorische Abgründe in unmittelbarer Nähe zueinander liegen können, soll für alle Schülerinnen und Schüler der Hohen Landesschule in der Jahrgangsstufe 13 mit einer Fahrt nach Weimar und in die Gedenkstätte Buchenwald zum festen Unterrichtsprogramm gehören. Nach mehreren Jahren Unterbrechung wegen Einschränkungen durch die Corona-Pandemie, war dies kürzlich wieder möglich.

Der Q4-Geschichtskurs von Herrn Reibling am Goethe und Schiller-Denkmal vor dem Nationaltheater in Weimar

Im Anschluss an einen kurzen Aufenthalt in Weimar inklusive eines von Geschichtslehrer Julian Reibling organisierten Stadtrundgangs zu Orten des Nationalsozialismus, erreichten die Schülerinnen und Schüler das Hauptziel der Exkursion, die Gedenkstätte Buchenwald. Den Weg dorthin bildet bis heute die „Blutstraße“ – die Straße, die von Weimar nach Buchenwald führt und von Häftlingen unter unermesslichen Strapazen erbaut wurde. Schon hier konnten die Exkursionsteilnehmer die Dimensionen der Grausamkeit, welche dort herrschte, erahnen.

Schülerreferat am ehemaligen Gauforum in Weimar

In der KZ-Gedenkstätte angekommen, wurde den Schülerinnen und Schülern ein Film zur inhaltlichen Einführung gezeigt. Hiernach teilten sich die Teilnehmer in ihre Geschichtskurse auf, die von Guides über das Gelände geführt wurden.

Die Gruppen nahmen den Weg zwischen grünen Wiesen und den renovierten Gebäuden der ehemaligen SS-Angehörigen hindurch – nichts erinnerte zunächst an ein KZ. Doch dann gelangte man auf den „Carachoweg“, also den Weg, den auch die Häftlinge zumeist durch ein Spalier schlagender SS-Männer in das Lager nehmen mussten. Am Eingangstor war dann – bereits vom Inneren des Lagers aus – die Inschrift „Jedem das seine“ zu lesen, an dessen grausamer Bedeutung die Schülerinnen und Schüler einige Zeit sinnierten, und es fiel die Uhr auf, die immer noch genau die Zeit anzeigt, als die Häftlinge 1945 das Lager übernahmen.

Die Gruppen schauten sich die Bunker-Zellen an, in die während der NS-Zeit viele tausend Menschen aus willkürlichen Gründen eingesperrt und gefoltert waren. Hinter dem Eingangstor lag der Appellplatz. Dieser Platz erschreckt schon allein aufgrund seiner Größe und Dimension. Gerade weil es an diesem Tag noch unter null Grad war, konnten die Schülerinnen und Schüler einen Eindruck gewinnen, wie es für die Häftlinge in dünner Bekleidung gewesen sein muss, bei Minusgraden stundenlang auf diesem Patz zu stehen. Besonders perfide war es, dass sich am Rande des Lagers unmittelbar vor dem Appellplatz ein Lager eigener Zoo für die SS-Mannschaften befand, in dem diese mit ihren Familien Sonntagsausflüge unternahmen – neben dem Grauen lag das Familienvergnügen. Der Eintritt in das Krematorium beschäftigte die Exkursionsteilnehmer ganz besonders. Der Anblick der Öfen setzte arg zu, machte tief betroffen, wühlte auf.

Der Leistungskurs Geschichte von Herrn Dr. Griemert während der Führung durch die Gedenkstätte

Die Guides gingen an allen Stationen jeweils intensiv darauf ein, was ein „normaler“ Deutscher bzw. eine „normale“ Deutsche vom NS-Vernichtungsapparat hatte wissen können. Besonders frappierend war es zu hören, dass Weimarer Bürgerinnen und Bürger in den am KZ angeschlossenen Gustloff-Werken neben den KZ-Insassen arbeiteten, dass sonntags Familien aus Weimar den Vogelpark auf dem Gelände der SS-Kaserne besuchen durften. Dies alles sind Hinweise darauf, dass die Bewohner von Weimar nicht erst 1945 von den Grauen im Lager erfahren haben dürften, als sie von der US-Armee gezwungen wurden, das Lager zu besuchen.

Als „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“ will die Hohe Landesschule die Fahrt zur Gedenkstätte Buchenwald inklusive einer Besichtigung der Stadt Weimar fest im Lehrplan verankern, um auch den kommenden Schülergenerationen das Spannungsfeld deutscher Geschichte zwischen Schiller, Goethe und der Demokratie der Weimarer Republik sowie dem Schrecken des Nationalsozialismus zu vermitteln und mit den Schülerinnen und Schülern darüber ins Gespräch zu kommen.

Das Feedback der Oberstufenschülerinnen und -schüler bestätigt dabei diesen Ansatz: „Man hat im Unterricht oder im Fernsehen schon viel über Konzentrationslager gehört, gelesen und gesehen. Aber einen richtigen Eindruck erhält man erst, wenn man wirklich in einem steht. Dann bekommt man schon ein komisches Gefühl. Ich finde, jeder sollte einmal ein KZ besucht haben, und hoffe, dass sich so etwas nie mehr wiederholt.“ (Schülerin Sophia Pryshchepna)