Lernende der Q2 rekonstruieren die Entstehung des Ersten Weltkriegs in einem Planspiel

Von Julian Reibling

„Ich habe den Krieg nicht gewollt!“ – mit „reinem Gewissen“ wird Kaiser Wilhelm II. (1859-1941) gemeinhin über die Ereignisse im Juli 1914 zitiert. Die Frage nach der Schuld am Ausbruch des Ersten Weltkrieges (1914-1918) entbrannte bereits kurz nach dessen Ende und gehört seither zu den großen historischen Kontroversen nicht nur in Deutschland.

Um in dieser Frage ein eigenes Urteil entwickeln zu können, führte der Q2-Grundkurs Geschichte von Kursleiter Julian Reibling ein Planspiel durch, das die Eskalation des Konfliktes, die sogenannte „Julikrise“, verstehbar machen sollte.


Schülerinnen und Schüler des Q2-Geschichtskurses während einer Konferenz des Planspiels.


Als Regierungen der europäischen Großmächte Österreich-Ungarn, Deutsches Reich, Serbien, Großbritannien, Frankreich und Russland, war es ihre Aufgabe, auf das Attentat auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand in Sarajevo zu reagieren und zunächst eine Krisenstrategie zu entwickeln. Selbstverständlich mussten hierzu die historischen Gegebenheiten wie das Bündnissystem, die individuellen Ziele der Nationen und Besonderheiten der Regierenden beachtet werden. In mehreren Aktionsrunden konnten die Teilnehmenden dann diplomatische Noten verfassen, Regierungskonsultationen einberufen, ein Ultimatum stellen und letztlich auch militärische Truppen mobilisieren und eine Kriegserklärung aussprechen.

Dabei geht es in der Methode ausdrücklich nicht um ein Nachstellen der Ereignisse, sondern darum, dass die Lernenden die Anlässe und Ursachen für die Handlungen der historischen Personen besser verstehen können. „Tatsächlich konnte man in den gemeinsamen Konferenzen im Plenum die Absichten und vor allem den Hang zur Provokation der damaligen Mächte gut nachvollziehen“, schildert eine Schülerin. „Besonders bemerkenswert war, dass das Spiel irgendwann an einen Kipppunkt gelangte, nach dem sich die Aktionen der beteiligten Nationen irgendwie unaufhaltsam in Richtung eines Krieges zu entwickeln schienen“, erläutert ein anderer Schüler.

Als durchweg positiv beschrieben die Schüler:innen diese besondere Form des Geschichtsunterrichts nach dem Ende des Planspiels, das wie im Sommer 1914 mit einer Kriegserklärung Österreichs an Serbien endete. Auch weil in der jüngsten Vergangenheit die Schützengräben nach Europa zurückgekehrt sind, sei das Planspiel zum Ersten Weltkrieg, der nach kurzer Zeit zu einem grausamen Stellungskrieg wurde, eine wertvolle Erfahrung für die Gegenwart gewesen, so die Lernenden.