Pressemitteilung

In einem deutschlandweit einmaligen Projekt ermöglicht die Universität Göttingen Schülerinnen und Schülern, unter Anleitung von erfahrenen Juristen in die Rollen von Angeklagten, Richtern und Verteidigern zu schlüpfen. Und das in einem hochmodern ausgestatteten Saal namens „Gerichtslabor“, der normalerweise der Ausbildung von Jura-Studierenden dient. „Nach einer coronabedingten mehrjährigen Unterbrechung war der Wahlunterrichtskurs Recht der Hohen Landesschule Hanau die erste Schulklasse, die dieses ganztägige Projekt durchgeführt hat“, sagt Dr. Georg Lemmer, leitender akademischer Direktor an der Juristischen Fakultät der Universität Göttingen. Das Gerichtslabor ist Teil des Y-Lab, einem geisteswissenschaftlichen Experimentierfeld für Schüler, in dem sie sich in einer Rolle ausprobieren können.

Nach Vorträgen zu Straftheorien und Prozessablauf, schlüpften die „Nachwuchsjuristen“ der Hohen Landesschule (HOLA) in ihre Rollen als Richterin, Staatsanwältin, Verteidigerinnen, Angeklagte, Zeugen und Jugendgerichtshilfe. Sie spielten einen fiktiven Fall nach, den Dr. Gesine Weinrich, Richterin am Landgericht Göttingen, speziell für das Gerichtslabor entworfen hat. „Es geht um eine Körperverletzung und Mobbing in sozialen Netzwerken an einer Schule“, erläutert Dr. Weinrich den Fall. Sie beriet außerdem die HOLA-Schülerin Linda Hinkova, die als „Richterin“ in der Simulation die Verhandlung leiten und das Urteil fällen durfte. Als „Staatsanwältin“ fungierte Helena Giese, unterstützt vom echten Staatsanwalt Steffen Magerhans. Auf Seiten der Verteidigung wurden die Schülerinnen Florentine Fischer und Valerie Emmerich von Dr. LL.M. Stefanie Böhnstedt, frühere Rechtsanwältin und jetzige Richterin, unterstützt.

„Ich war überrascht, dass die Aussagen im Klassenchat in unserem Beispielfall tatsächlich strafbar gewesen wären“, sagt eine Schülerin im anschließenden Reflexionsgespräch. So wurde der Tag im Gerichtslabor nicht nur zu einer Einführung in den Ablauf eines deutschen Strafprozesses, sondern sensibilisierte die Neuntklässler auch beim Thema Mobbing. „Schade, dass es so ein Gerichtslabor für Schüler nicht auch in Hessen gibt“, bedauert HOLA-Lehrer Stefan Prochnow.

Am Ende wurden die „Angeklagten“ nach Jugendstrafrecht von „Richterin“ Linda Hinkova verwarnt und zum Ableisten von Sozialstunden verurteilt. Sie nahmen das Urteil an und verzichteten auf Rechtsmittel.

Der Wahlunterrichtskurs Recht wurde von erfahrenen Juristen professionell beraten.
Während der „Beweisaufnahme“ in der simulierten Hauptverhandlung nehmen „Staatsanwältin“ Helena Giese, „Zeugin“ Hadissa Safi, „Rechtsanwältin“ Florentine Fischer und „Richterin“ Linda Hinkova (von links nach rechts) Chatverläufe in Augenschein.