von Alara Öztas, Kati Schneider, Helin Deniz (alle Jahrgang 8), Erland Schneck-Holze sowie Dr. Thomas Liesemann

Mit einer Rezitation der Balladen von Goethe und Schiller klang das Kulturproramm des vergangenen Schuljahres 2022/2023 für die Schülerinnen und Schüler unserer Klassen 7 aus. Geladen war zu diesem Anlass kein Geringerer als Erland Schneck-Holze, ehemalige Lehrkraft der Schule und Begründer des HOLA-Theaters.

Jede Schule – fast jede Schule, so möchte man korrekterweise sagen – hat ein paar Besonderheiten zu bieten, die sie von den Schulen in ihrer Nachbarschaft unterscheiden. Unter den vielen Besonderheiten, welche die Hohe Landesschule auszeichnen, sollte deren seit mehr als vier Jahrzehnten lebendige Theaterarbeit genannt werden. Tatsächlich ist es nicht übertrieben, in Bezug auf die Bedeutung des Schultheaters der HOLA von einer Tradition zu sprechen. Dass dies so ist, verdankt die Schule neben der aktuell von der Fachgruppe Darstellendes Spiel geleisteten Arbeit auch ihrem ehemaligen Intendanten Erland Schneck-Holze.

Ebendieser war zum Ausklang des Schuljahres 2022/2023 wieder einmal an seiner alten Wirkungsstätte, um aus dem reichen Fundus an Balladen der Dichter der Weimarer Klassik zu lesen. Erland Schneck-Holzes Anliegen ist es bei dieser Gelegenheit, Schülerinnen und Schülern zu zeigen, dass klassische Literatur weder alt noch verstaubt ist, sondern im Gegenteil: leidenschaftlich und kraftstrotzend; dass sie voller Gefühl ist, dabei aber auch intellektuell herausfordernd und immer wieder den Versuch wert, kennengelernt, gelesen und hörbar rezitiert zu werden.

Wer einmal auf der Bühne gestanden hat, um in eine andere Rolle zu schlüpfen, wer, da er die Texte eines Bühnenautors mit viel innerer Anteilnahme gesprochen hat und sich dabei selbst wie die Person zu fühlen begann, die er oder sie zu verkörpern hatte – wer also das Theatralische als eine Begegnung mit dem Anderen seiner Selbst erfahren durfte, dem fällt es schwer, jemals von dieser Leidenschaft zu lassen. Und so kommt es, dass auch der einstmalige Impresario Erland Schneck-Holze bei der Gelegenheit, sich selbst als Rhapsode zu gebärden, Wesenszüge an den Tag legt, die man ihm – still und bescheiden, wie er zunächst auf dem durch die Requisite bereitgestellten Sofa gesessen hat – nicht zugetraut haben würde.

Wenn es nun den Zuhörern von Löwen und Tigern in der Tiefe der schauerlichen Grube tönt (Friedrich Schiller, „Der Handschuh“), vermeint man eben diese Tiere brüllen, knurren und fauchen zu hören, so über alle Maßen eindrucksvoll versteht es der Rhapsode, seine Stimme zu (s)einem anderen Wesen zu befreien. Wenn aber der Freund dem Freunde in Schillers „Die Bürgschaft“ die Treue hält und unterdessen keine Gefahr scheut, sich auf den weiten Weg macht, um ihn vor dem sicheren Tode zu bewahren, vermag ein großer Rhapsode Mitfühlen und Mitleiden bei den Zuhörern zu erregen, sodass diese selbst vor Rührung den Tränen nahe sind.

Aber lesen wir, was drei der anwesenden Schülerinnen dazu zu sagen haben:
„Am Donnerstag, dem 7.07.2023 haben wir einen Balladenvortrag gehört. Ein ehemaliger Lehrer der HOLA, Erland Schneck-Holze, hat verschiedene Balladen vorgetragen und uns über die Stücke erzählt“, so Kati Schneider. „Bei manchen Balladen gibt es zwei unterschiedliche Vortragsweisen, die wir im Vergleich gehört haben.“
Alara Öztas „fand die Vortragsweise … immer sehr passend und ausdrucksvoll […] Am meisten hat mir ‚Der Erlkönig‘ gefallen, da die Ballade angsteinflößend ist und das Kind wegen dem Erlkönig am Ende stirbt, sodass es sehr traurig wirkt. Da der Erlkönig in der Ballade immer wieder versucht, das Kind zu überzeugen mitzukommen und es sogar berührt, steigt die Spannung immer mehr.
Helin Deniz wiederum „hat die Ballade „Der Fischer“ von Goethe sehr gut gefallen, da die Frau, die der Fischer sah, am Ende nur eine Täuschung war. [In Wirklichkeit] war sie gar nicht da. Es waren einfach nur die Wellen, die durch den Sturm eine Frau darstellten.“
Der Vortrag habe ihr gefallen, so Helin, „da es bei der Ballade zwei Vortragsweisen gibt – die eine mit erhöhter und schneller Stimme und die andere mit leiser und langsamer Stimme.“
Auch Alara hat gefallen, wie „Herr Schneck-Holze manchmal zwei verschiedene Vortragsweisen gezeigt [hat] und uns entscheiden ließ, welche besser klingt.“

Um es kurz zu sagen, die Beobachtungen der drei Schülerinnen lassen vermuten, dass Erland Schneck-Holzes Vortrag mehr als nur ein Hörerlebnis bot. Vielmehr wurde Literatur kraft der menschlichen Stimme in einer Weise verstehbar, sodass sie unterschiedliche Gefühlsreaktionen und – damit einhergehend – unterschiedliche Deutungen erfahrbar gemacht hat. Veranstaltungen wie diese zeigen, dass die inhaltliche Arbeit im Klassenzimmer sinnvoll bereichert werden kann, wenn ein Rhapsode die emotionale Wirkung erzählender Gedichte hör- und fühlbar werden lässt.