HOLA-Schüler besuchen die Erinnerungsstätte an der Frankfurter Großmarkthalle auf dem Gelände der Europäischen Zentralbank
„Ein total beklemmendes Gefühl“, so beschreibt ein Schüler der Hohen Landesschule Hanau den Moment, als er sich mit seiner Klasse zwischen den hohen Betonmauern der wieder errichteten Rampe an der Frankfurter Großmarkthalle befindet. Die Blicke der Schüler wandern den grauen Gang entlang – 300 Meter führt der Weg hinab in den Keller des riesigen Gebäudes. Das Ende ist kaum zu erkennen. In einem dunklen Schlund scheine alles verschluckt zu werden, sagt ein anderer Schüler. Gemeinsam mit ihrem Geschichtslehrer Julian Reibling besucht die Klasse 10E am 14.06. die Erinnerungsstätte an der Frankfurter Großmarkthalle. Ab 1941 nutzte die Geheime Staatspolizei (Gestapo) die Räumlichkeiten für Massendeportationen der jüdischen Bürgerinnen und Bürger in die Konzentrations- und Vernichtungslager. Ein Abgrund mitten in der Stadt, der heute vor allem durch die vielen Zitate von Opfern erkennbar ist, die sich auf Wegen und Wänden um die Erinnerungsstätte befinden. Während des täglichen Marktbetriebs mussten sich die Menschen unter den Augen der Arbeitenden dort einfinden. Vor den Blicken der Öffentlichkeit geschützt, wurden sie dann in den Keller der Großmarkhalle getrieben. Dort nahm man ihre Wohnungsschlüssel ab, beraubte sie ihrer letzten Habseligkeiten, demütigte und misshandelte Männer, Frauen und Kinder. Zu Hunderten bis Tausenden zusammengepfercht, warteten sie schließlich stundenlang in einem Raum, bis sie zu den Bahngleisen vor der Halle geführt wurden, wo die Transportwaggons warteten. „Ich weiß nicht, was vor mir liegt, vielleicht ist das gut so“, schrieb 1942 der von hier deportierte Frankfurter Ernst Ludwig Oswalt. Auch die Schüler verstummen beim Betreten des riesigen Kellerraums, in dem die Menschen ausharren mussten. Der Raum ist komplett leer, nichts weist auf seine damalige Verwendung hin. Dennoch wirkt er abstoßend und menschenfeindlich. Zuvor hatten sich die HOLAner in einem Workshop des Jüdischen Museums Frankfurt mit der Frage beschäftigt, wer in der Gesellschaft von den Deportationen der Juden profitierte. Fotos von einer öffentlichen Versteigerung jüdischen Besitzes in Hanau oder offizielle Dokumente aus den Vororten der Stadt zeigten, wie direkt und schamlos sich Viele aus der Mehrheitsbevölkerung bereicherten. Als „unmenschlich und ekelhaft“ bewertet eine Schülerin das Verhalten. Bewegt aber auch dankbar darüber, die Bedeutung dieses Ortes nun zu kennen, verließen die HOLA-Schüler den Ort. „Früher habe ich oft direkt nebenan im Ostpark mit Freunden Basketball gespielt“, sagte abschließend ein Schüler, „jetzt weiß ich, welche Vergangenheit dieser Ort hat und laufe hier ganz anders vorbei.“